21. November 2025 | Pressemeldung
Landeskonservatorin Rheinland, Dr. Andrea Pufke, Prof. Dr. Jürgen Wiener, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Preisträgerin Inga Scholl, Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, Anne Henk-Hollstein, Juryvorsitzender Prof. Dr. Roland Kanz, Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Düsseldorf. Köln. Oberhausen. Inga Scholl aus Oberhausen erhält den renommierten Paul-Clemen-Preis des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung wird künftig alle zwei Jahre für eine herausragende Forschungsarbeit zur rheinischen Kunstgeschichte verliehen. Die diesjährige Verleihung fand gestern im Landeshaus in Köln statt. Inga Scholl hat an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf studiert.
In ihrer Laudatio würdigt Anne Henk-Hollstein, Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, die wissenschaftliche Pionierleistung der Preisträgerin. Mit dem Thema ihrer Arbeit über die Kölner Textilkünstlerin Milli Schmitz-Steinkrüger (1907–2001) habe sie kunsthistorisches Neuland betreten. „Die Dissertation von Inga Scholl holt eine Künstlerin aus der drohenden Vergessenheit ans Licht der Forschung. Ihr bedeutender Beitrag zur rheinischen Kunst des 20. Jahrhunderts ist bisher der auf Künstler konzentrierten Kunstgeschichtsschreibung entgangen.“
Tatsächlich kannte auch Inga Scholl zu Beginn ihrer Beschäftigung mit moderner Sakralkunst nicht die Arbeiten der Kölner Werkkunst-Schülerin Milli Schmitz-Steinkrüger. Über den Kreuzweg von Ludwig Baur in der von Dominikus Böhm erbauten Krankenhauskapelle St. Elisabeth in Köln-Hohenlind kam sie der Künstlerin auf die Spur, mit deren überwiegend textilen Werken sie sich rund zehn Jahre lang im Rahmen ihrer Doktorarbeit beschäftigen sollte. Ihr Glück: Sie konnte Kontakt mit den Kindern Schmitz-Steinkrügers aufnehmen und so den vielfältigen Nachlass der Künstlerin erforschen. Hinterglasmalerei, Grafik, Weihnachtskrippen waren dabei, aber vor allem Arbeiten aus Textil: Wandbehänge, Krippenfiguren, liturgische Gewänder, Teppiche. Die meisten Werke gestickt, geknüpft, gebatikt. In diesen Techniken schuf sie fragile, vergängliche Stoffbilder. Licht, Feuchtigkeit und auch der Zahn der Zeit haben manchen von ihnen zugesetzt. Einige Werke sind verloren gegangen.
Und doch leben viele ihrer Arbeiten fort, denn Milli Schmitz-Steinkrüger war Vorbild für andere Künstler, vielfach männliche Kollegen, die speziell eine ihrer Ideen aufgriffen und weiterentwickelten. „Milli Schmitz-Steinkrüger hat den Archetypus des Symbolkreuzweges geschaffen“, so Inga Scholl. „Das heißt, die üblicherweise szenisch gestalteten Stationen des Leidenswegs Christi stellte sie im Kreuzweg erstmalig symbolisch dar.“
Was genau die Kunsthistorikerin damit meint, kann man sich im Kreuzgang der romanischen Kirche St. Georg in Köln ansehen. Dort sind die Motive der ursprünglich textilen Stationsbilder Milli Schmitz-Steinkrügers erhalten: Als Mosaike, geschaffen von Wilhelm Schmitz-Steinkrüger, ihrem Ehemann.
Das Paar kannte sich aus dem Studium an den Kölner Werkkunstschulen, beide hatten bei dem renommierten niederländischen Künstler Jan Thorn Prikker studiert, der seine Schüler*innen animierte, sich für die Vielfalt der Werkstoffe zu öffnen und neue künstlerische Wege zu beschreiten. Wilhelms bevorzugtes Material war von Dauer, Millis eher zart und vergänglich. So fragil wie ihr Material war auch das Wissen der Fachwelt um ihre Bedeutung als Künstlerin. Bis heute, denn das soll die ausgezeichnete Dissertation von Inga Scholl nun ändern.
Zur Preisträgerin:
Inga Scholl, geboren und bis heute wohnhaft in Oberhausen, bezeichnet sich selbst als „Düsseldorfer Gewächs“, da sie ihr gesamtes Studium der Kunstgeschichte und Antiken Kultur an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf absolviert hat. Ihre Doktorarbeit hat Prof. Dr. Jürgen Wiener betreut und mit 1,0 bewertet. Titel der 634 Seiten umfassenden Dissertation: „Milli Schmitz-Steinkrüger, geb. Beckers (1907–2001). Textile Arbeiten im Dienste der katholischen Kirche. Mit einem Beitrag zur Entstehung des Symbolkreuzweges“.
Heute ist Inga Scholl im Kulturamt der Stadt Düsseldorf mit der Erfassung und Digitalisierung der Kunstwerke in städtischem Besitz betraut.
Zum Paul-Clemen-Preis:
Der Preis erinnert an den Bonner Kunsthistoriker und Universitätsprofessor Paul Clemen (1866–1947), der als erster Provinzialkonservator die amtliche Denkmalpflege im Rheinland begründete. Seine Nachfolgerin im Amt ist Landeskonservatorin Dr. Andrea Pufke. Sie leitet das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR) und ist in dieser Funktion Mitglied des Auswahlgremiums für den Paul-Clemen-Preis. Weiterhin vertreten und vorschlagsberechtigt sind Kunst- und Architekturhistoriker*innen, die an den Universitäten Bonn, Düsseldorf, Köln und der TH Aachen lehren. Den Jury-Vorsitz hat Prof. Dr. Roland Kanz als Leiter des Kunsthistorischen Instituts der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Weitere Infos zum Paul-Clemen-Preis
Fotos zum Download:
Drei Nägel. 11. Kreuzwegstation von Milli Schmitz-Steinkrüger für St. Georg in Köln (JPG, 1,21 MB)