Informationen zur Neufassung des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes (DSchG NRW):
Trotz anhaltend breiter Kritik aus der Fachwelt wie der Mitte der Gesellschaft hat der NRW-Landtag mit den Stimmen der Regierungskoalition aus CDU und FDP am 6. April 2022 ein neues Denkmalschutzgesetz für Nordrhein-Westfalen verabschiedet. Das Gesetz ist am 1. Juni 2022 in Kraft getreten.
Denkmalschutzgesetz NRW (DSchG NRW)
Nachdem der mitberatende Ausschuss für Kultur und Medien sein Votum zum Gesetzentwurf am 31. März 2022 abgegeben hatte, gab der federführende Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen in seiner Sitzung am 1. April 2022 trotz anhaltender massiver Kritik folgende Schlussempfehlung ab: Der Fachausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.
Nach zweiter Lesung im Parlament wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung eines Änderungsantrags der CDU- und FDP-Fraktion vom 05.04.2022 verabschiedet:
Beschlussprotokoll 169. Sitzung des Landtags NRW vom 06.04.2022 (siehe Nr. 7)
"Rettet den Denkmalschutz in NRW": Demonstrierende Bürger*innen vor dem Landtag (Foto: Rossner, DSD)
Zwei Tage vor der geplanten Landtags-Abstimmung über ein neues Denkmalschutzgesetz am 6. April 2022 veröffentlicht das Denkmalschutz-Bündnis NRW die "Düsseldorfer Erklärung". Darin appelliert das von dreizehn Denkmalschutz-Initiativen getragene Bündnis an alle Parteien, das bestehende Gesetz nicht abzuschaffen, sondern in der nächsten Legislaturperiode in breitem Konsens für die Zukunft weiterzuentwickeln. Das Denkmalschutz-Bündnis NRW sieht sich in der Pflicht, mit diesem letzten Aufruf die Denkmäler des Landes vor Gefahren zu bewahren und Schaden von dem Ruf des Landes als Kulturland abzuwenden. "Das vorgelegte Gesetz ist weder hinreichend mit allen Fachleuten und Interessengruppen diskutiert noch als Gesetz sauber durchdacht und aufgesetzt", so Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Der Sinn eines jeden neuen Gesetzes liegt in der Verbesserung einer bestehenden Situation, diesem Anspruch werde das vorgelegte Gesetz nicht gerecht.
Für den Tag der Abstimmung am Mittwoch, den 6. April 2022, plant die Deutsche Stiftung Denkmalschutz gemeinsam mit dem Denkmalschutzbündnis um 13.00 Uhr eine Demonstration vor dem Landtag auf der Landtagswiese.
Die Hochschullehrer*innen in Nordrhein-Westfalen, die sich fachlich mit Denkmälern und Denkmalpflege beschäftigen, lehnen nahezu einhellig die Neufassung des Denkmalschutzgesetzes in Nordrhein-Westfalen ab. Mit dem neuen Gesetz werden die Relevanz der fachlichen Beurteilung geschwächt, es werden sachfremde Belange zum Nachteil der Denkmäler eingeführt, Sonderrollen für Kirchen und andere Religionsgemeinschaften geschaffen sowie behördliche Strukturen und Verfahren verkompliziert.
Hochschullehrer*innen, die in ganz unterschiedlicher Hinsicht mit Denkmälern, Kunst und kulturellem Erbe befasst sind, diskutieren grundsätzlich, in welcher Hinsicht Denkmäler für ihre jeweilige Wissenschaft grundlegend sind, und führen aus, wieso die Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW der Überlieferung des kulturellen Erbes schadet und den wissenschaftlichen Interessen entgegensteht. Mit Studierenden der beteiligten Fächer wird auch die kommende Generation der Pflege des kulturellen Erbes mit einbezogen.
Diskussionsrunde:
Wann und Wo?
Mittwoch, 30.03.2022, 16-18 Uhr
Universität Münster, Hörsaal F5, Fürstenberghaus, Domplatz 20-22, 48143 Münster
Lediglich 1,5 % des Baubestandes in NRW sind denkmalgeschützt (zum Vergleich: bundesweit ca. 3 %) (Foto: Jürgen Gregori, LVR-ADR)
Die Landschaftsverbände üben Kritik am Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes für Nordrhein-Westfalen. Sie sehen eine Schwächung des Denkmalschutzes. Das NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat am 16. Februar 2022 einen dritten Entwurf in den Landtag eingebracht. Das Gesetz wurde nach der 1. Lesung zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen (federführend) verwiesen. Dort fand am 18. März 2022 eine öffentliche Sachverständigen-Anhörung statt. Das Gesetz soll laut Ministerin Ina Scharrenbach am 1. Juni 2022 in Kraft treten.
Gesetzentwurf:
Stellungnahmen weiterer Verbände und Sachverständiger:
Von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, dem Verband Deutscher Kunsthistoriker, dem Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, dem Westfälischen Heimatbund und dem International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) hin zur Architektenkammer NRW - die Kritik am überarbeiteten Gesetzentwurf in den Stellungnahmen der Sachverständigen ist deutlich:
Photovoltaik auf Denkmälern in NRW? In Abstimmung mit dem Denkmalschutz schon heute geübte Praxis: St. Peter in Zülpich (Foto: LVR-ADR)
Nach der 1. Lesung des Gesetzentwurfs im Parlament am 16. Februar 2022 wurde der Entwurf einstimmig an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen zur weiteren Beratung sowie an den mitberatenden Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen.
Am 18. März 2022 fand im federführenden Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen eine öffentliche Expertenanhörung zum Denkmalschutzgesetz-Entwurf statt. Diese können Sie hier verfolgen:
Videoaufzeichnung der 149. Sitzung des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen
Dort finden Sie auch das Protokoll der Sitzung zum Nachlesen.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zieht eine Bilanz der Ausschusssitzung:
"Erheblicher Klärungsbedarf beim neuen Denkmalschutz-Gesetz in NRW"
Weiterer Verfahrensablauf und Termine: Der mitberatende Ausschuss für Kultur und Medien wird sein Votum zum Gesetzentwurf am 31. März 2022 abgeben. Der zuständige Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen wird die Anhörung in seiner Sitzung am 1. April 2022 auswerten und anschließend eine Schlussempfehlung abgeben. Die zweite Lesung des Gesetzentwurfes ist für die letzte Plenarwoche des Landtages vor der Wahl vorgesehen.
Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Verband der Restauratoren e.V.
Verband Deutscher Kunsthistoriker e.V.
Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V.
Aktuelles zur vielstimmigen Kritik der Sachverständigen finden Sie auch auf der Homepage des Denkmalschutz-Bündnis Nordrhein-Westfalen:
Das öffentliche Forum des Denkmalschutz-Bündnisses kommt am Vormittag des 18. März zusammen - unmittelbar vor der Ausschuss-Sitzung im Landtag. Presse-Vertreter*innen und Interessierte an Denkmalschutz und Denkmalpflege sind herzlich eingeladen und gebeten, bei dieser wichtigen Expertenanhörung dabei zu sein.
Im Vorfeld zur Sachverständigen-Anhörung im Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen am kommenden Freitag, den 18. März 2022, sendet die Deutsche Stiftung Denkmalschutz einen "Hilferuf zum Schutz der nordrhein-westfälischen Denkmale!" an Ministerpräsident Hendrik Wüst.
Das Schreiben mündet in folgenden Appell:
"Bitte lassen Sie nicht zu, dass das Ansehen Nordrhein-Westfalens als Kultur- und Wissenschaftsstandort durch eine nicht ausgereifte Neufassung des Denkmalschutzgesetzes unwiederbringlichen Schaden erfährt."
Hans-Willi Körfges, Vorsitzender des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen, und Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (von li.), bei der Übergabe der Petition (Foto: Roland Rossner/Deutsche Stiftung Denkmalschutz)
Am 1. Dezember 2021 übergab vor dem Düsseldorfer Landtag Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), das bisherige Ergebnis der Online-Petition seiner Stiftung an den Vorsitzenden des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen, Hans-Willi Körfges in Stellvertretung des Landtagspräsidenten.
Skudelny resümierte die Schwächen des bisherigen Gesetzesentwurfs und konnte dabei konkret auf tagtägliche Erfahrungen zurückgreifen: "Die Stiftung beobachtet immer wieder Denkmalverluste. Statt an dieser Stelle das vorhandene Denkmalschutzgesetz zu stärken, zielt der neue Gesetzentwurf auf eine Aufweichung der Regelungen." Dabei seien Denkmale in NRW bereits jetzt rar. Körfges dankte im Namen des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen für das Engagement um die Denkmalpflege: "Es ist wichtig, dass sich Menschen in Haupt- und Ehrenamt für den Erhalt der Baukultur einsetzen. Dabei sind 23.000 Unterschriften eine beachtliche Anzahl. Sobald dem Ausschuss die Petition zugeleitet wurde, wird dieser sich selbstverständlich damit beschäftigen und Fachleute dazu anhören."
Beeindruckende 23.000 Stimmen gegen das neue Denkmalschutzgesetz kamen bei der Petition zusammen. Dieses Ergebnis wurde nun in Form von tausenden Puzzleteilen übergeben. Symbolisch riss eine "Paragraphen-Abrissbirne" eine historische Häuserzeile ein, um die Gefährdung von Denkmalen durch das neue Denkmalschutzgesetz darzustellen. Wie vielstimmig und fundiert der Widerstand gegen den neuen Gesetzesentwurf ist, zeigte eine Auswahl der vielen tausend Kommentare, welche die Petenten online hinterlassen hatten. Sie waren auf Spruchbändern zu lesen.
Zahlreiche Unterstützer*innen der Petition waren bei der Übergabe dabei – selbstverständlich unter Einhaltung der erforderlichen Corona-Maßnahmen: Fachleute, Vertreter*innen von Institutionen, ehrenamtliche sowie hauptamtliche Denkmalpfleger*innen verliehen ihrer Forderung auch persönlich Ausdruck.
Zum Hintergrund:
Ministerin Scharrenbach stellte im Frühjahr 2021 den zweiten Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes für NRW vor. Die geplanten Änderungen des Gesetzes hebeln den Schutz unserer Kulturdenkmale aus, reduzieren die fachliche Kompetenz der Denkmalbehörden auf optionale Anhörung, öffnen Einfallstore für wirtschaftliche und politische Interessen, schaffen Sonderrechte für kirchliche Denkmaleigentümer und führen zu verwirrenden unterschiedlichen Verfahren für Bau-, Boden oder Gartendenkmale. Sowohl die Fachwelt als auch NGOs und Einrichtungen der Zivilgesellschaft sowie engagierte Bürger*innen kritisieren den Gesetzesentwurf und veröffentlichten im Rahmen der Verbändeanhörung ihre kritischen Stellungnahmen (denkmalschutz-erhalten.nrw). Alle wollen, dass dieses neue Gesetz gestoppt wird.
Auszug aus der Petition:
"Der Schutz einzigartiger historischer Bauwerke unserer Heimat wird durch die Gesetzesnovelle zum politischen Spielball. Künftig soll eine mögliche Nutzung über Denkmalwert und -erhalt bestimmen, sachfremde Aspekte sollen den Schutz der Denkmale aufweichen. Denkmaleigentümer sollen dabei potenziell zu einer Nutzung des Denkmals verpflichtet werden können. Es steht zu befürchten, dass dieser Nutzungsdruck zu einer ‚Vergewaltigung‘ des Denkmals und zu einer Beschädigung der Interessen der Denkmaleigentümer und der Allgemeinheit führen kann. Die übergeordneten Fachbehörden werden ausgeschaltet und stattdessen mittelbar die lokale Politik zum Entscheidungsträger über die Zukunft oder den Abriss wertvoller Denkmale gemacht. Eine Einflussnahme von wirtschaftlichen oder Sonderinteressen wird hierdurch verstärkt. Viele Formulierungen des Gesetzes sind unklar und lassen Spielräume für eine willkürliche Auslegung in der praktischen Umsetzung zu."
(Quelle: Pressemeldung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz vom 01.12.2021)
Den Originalwortlaut der Pressemitteilung und weitere Informationen zu diesem Termin finden Sie auf der Homepage der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Gegen die Neufassung des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) eine öffentliche Online-Petition mit dem Titel "Gegen das neue Denkmal-NICHT-Schutzgesetz in NRW: Damit Denkmalschutz nicht ausgehebelt wird!" gestartet. Die Petition wird von einem breiten unabhängigen Denkmalschutz-Bündnis von Verbänden und Institutionen sowie von zahlreichen Denkmaleigentümer*innen unterstützt.
Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen (AKNW) veranstaltete am 15. Juni 2021 einen SummerTalk mit NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach und AKNW-Präsident Ernst Uhing. Eine der Gäste, die online zugeschaltet wurden, war Dr. Andrea Pufke, Landeskonservatorin Rheinland, mit dem Thema "Neues Denkmalschutzgesetz für NRW".
Veranstaltung verpasst? Der SummerTalk mit dem Beitrag der Landeskonservatorin (Thema Denkmalpflege ab ca. Minute 40:20) ist auf Youtube abrufbar:
Köln, 9. April 2021. Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung in NRW, hat einen Brief vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) erhalten, der sich in Sorge um die Zukunft der Denkmäler im Rheinland persönlich an die Ministerin wendet. Grund für das Schreiben ist das Vorhaben Scharrenbachs, ein neues Denkmalschutzgesetz in NRW zu installieren. Der LVR sieht in dem Gesetzentwurf erhebliche juristische und denkmalfachliche Schwächen. Die Stellungnahme des LVR (PDF, 1 MB)
im Rahmen der Verbändeanhörung umfasst 44 Seiten.Seit 1980 hat das Denkmalschutzgesetz NRW (DSchG NRW) den Umgang mit denkmalwerten Objekten verlässlich und zum Wohle der Denkmäler geregelt. Eine gutachterliche Evaluation unter Einbeziehung aller in der Denkmalpflege beteiligten Behörden hat das erst 2018 bestätigt. Lösungsvorschläge für einzelne Probleme in der praktischen Ausführung wären ohne größere Schwierigkeiten umsetzbar. Doch die Ministerin will nicht ausbessern, wie es gute Praxis in der Denkmalpflege ist, sondern das Gesetz neu schreiben – sehr zur Sorge des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland.
Denkmäler sind zu schützen und zu pflegen, so heißt es im ersten Absatz des geltenden Denkmalschutzgesetzes. Auch in anderen Gesetzen wie zum Beispiel im Naturschutzgesetz oder im Tierschutzgesetz steht der Schutz des jeweiligen Belangs selbstverständlich an erster Stelle im Gesetzestext. Im Entwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz allerdings ist das anders: Schutz und Pflege von Denkmälern muss man darin fast suchen.
Unsere Forderung: Im Denkmalschutzgesetz müssen Denkmalschutz und -pflege weiterhin Priorität haben. Das baukulturelle Erbe verdient ein starkes Denkmalschutzgesetz. (§ 1 Abs. 1)
“[…] insbesondere auch die Belange […] des Klimas, des Einsatzes erneuerbarer Energien […][sind] angemessen zu berücksichtigen“, wenn Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen. Mit diesem Einwurf wird unterstellt, Denkmalschutz und Klimaschutz seien Gegensätze, die künftig nach Möglichkeit zusammenzubringen seien.
Richtig ist stattdessen, dass durch die Denkmalpflegeämter auch bisher energetische Ertüchtigungen von Baudenkmälern denkmalgerecht ermöglicht wurden. Eine Fülle von praktischen Beispielen belegt dies. Außerdem sind Denkmäler aufgrund ihres oft beträchtlichen Alters und ihrer Reparaturfähigkeit mit zumeist natürlichen Materialien per se nachhaltig, während viele neuere Gebäude nach wenigen Jahrzehnten mitsamt ihrer oft schadstoffbelasteten Fassadendämmung wieder abgerissen werden – eine Umweltsünde!
Unsere Forderung: Denkmäler sollten als Baustein einer nachhaltigen Baukultur anerkannt werden und das Denkmalschutzgesetz dieser Tatsache Rechnung tragen. Der Belang Umweltschutz gehört – wie auch die Belange Wohnungsbau und Barrierefreiheit – nicht in ein Denkmalschutzgesetz. (§ 9 Abs. 3)
Das Benehmen ist seit 1980 selbstverständliche Praxis in der Denkmalpflege. Nach dem bestehenden Gesetz wird eine denkmalrechtliche Entscheidung nur getroffen, wenn es vorher zum Benehmen – einer Einigung nach fachlichem Austausch - zwischen den Beteiligten kommt: den Unteren Denkmalbehörden der Kommunen und dem zuständigen Fachamt der Landschaftsverbände. Die sogenannte Benehmensherstellung ist bedeutsam, weil die Unteren Denkmalbehörden in der kommunalen Verwaltung weisungsgebunden sind. Die Fachämter der Landschaftsverbände sind dagegen fachlich unabhängig. So soll nach bestehendem Gesetz verhindert werden, dass Denkmäler anderen - oft politischen oder wirtschaftlichen - Interessen zum Opfer fallen. Ziel ist vielmehr, die beste Lösung für das Denkmal zu erreichen.
Unsere Forderung: Die Benehmensherstellung muss zum Schutz der Baudenkmäler erhalten bleiben! Nur so ist gewährleistet, dass die Fachexpertise der Denkmalpflegeämter steuernd in den Entscheidungsprozess eingebracht wird. Eine Anhörung der Fachämter, die das Ministerium stattdessen einführen will, hat im Zweifelsfall keine Auswirkung – zum Schaden der Denkmäler! (§ 24)
Ausdrücklich benennt das neue Gesetz die Bedeutung der Denkmalfachämter der Landschaftsverbände im Rahmen des "Mitwirkungsmechanismus". Tatsächlich beschneidet es aber auf vielfältige Weise die Mitwirkungsrechte der Denkmalpflegeämter, besonders in der Baudenkmalpflege. Nicht nur das Benehmen entfällt. Vielleicht noch einschneidender und völlig unverständlich: Selbst einen Antrag auf Unterschutzstellung sollen die Denkmalpflegeämter in der Baudenkmalpflege künftig nicht mehr stellen dürfen. Dabei verfügen oft sie allein über die notwendige Fachkenntnis, eine Unterschutzstellung mit einem fachlichen Gutachten zu begründen, das notfalls auch vor Gericht bestehen muss. So ist zu befürchten, dass die Unterschutzstellung von Denkmälern künftig weitgehend ausbleibt.
Unsere Forderung: Das Recht, einen Antrag auf Unterschutzstellung zu stellen, muss als eine ihrer Kernaufgaben den Denkmalpflegeämtern der Landschaftsverbände zum Schutz der Denkmäler erhalten bleiben. (§ 23 Abs. 4)
Das neue Denkmalschutzgesetz hat zum Ziel, dass die Kommunen in Fragen des Baudenkmalschutzes weitgehend ohne die Fachämter ihre Entscheidungen treffen. Die fachlich hochkompetenten Denkmalpflegeämter der Landschaftsverbände sollen künftig nur noch marginal an denkmalrechtlichen Entscheidungen teilhaben. Das Problem: Viele Untere Denkmalbehörden vor allem kleiner Kommunen müssten personell und fachlich deutlich besser ausgestattet werden, um in ihre neue Rolle hineinwachsen zu können.
Unsere Forderung: Das Land darf die Kommunen durch das neue Gesetz nicht mit der Aufgabe allein lassen, die Fachlichkeit für den Vollzug des Gesetzes selbst zu organisieren. Hierfür bedarf es klarer Anforderungen an die Besetzung der Stellen. Die Unteren Denkmalbehörden müssen professionell besetzt und dadurch in die Lage versetzt werden, denkmalpflegerische Interessen innerhalb der Verwaltung, gegenüber den politischen Gremien und den Denkmaleigentümer*innen kompetent zu vertreten.
Unter den Ungereimtheiten des Gesetzentwurfes fällt Eines besonders auf: Bau- und Bodendenkmäler werden unterschiedlich behandelt: Während Baudenkmäler künftig ohne den fachlichen Einfluss der Denkmalpflegeämter schutzlos dastehen werden, geschieht den Bodendenkmälern nichts ohne die bindende Einflussnahme der Bodendenkmalpflegeämter. Was bezweckt das Ministerium mit dieser Ungleichbehandlung beider Denkmalgattungen? Fachleute rätseln.
Unsere Forderung: Bau- und Bodendenkmäler benötigen gleichermaßen fachliche Einflussnahme durch die Denkmalpflegeämter. Baudenkmäler sind nicht weniger wert als Bodendenkmäler! Unterschiedliche Eintragungsverfahren für Bau- und Bodendenkmäler und eine unterschiedliche Behandlung in Erlaubnisverfahren stiften zudem Verwirrung in der Anwendung des Gesetzes.
Es gibt Denkmäler über und unter der Grasnarbe. Oben sind die Baudenkmäler, unten die Bodendenkmäler. Dann gibt es künftig – zwischen den Welten - noch die Gartendenkmäler. Nach dem bestehenden Gesetz gehören sie zu den Baudenkmälern. Das ist sinnvoll, denn was wäre Schloss Augustusburg ohne seinen Park oder Grabmale ohne den Friedhof? Ungeachtet dessen führt der Gesetzentwurf Gartendenkmäler als eigene neue Denkmalkategorie ein. Der Umgang mit ihnen erscheint auf den ersten Blick nicht durchdacht. So sollen künftig Gartendenkmäler wie Bodendenkmäler im sogenannten deklaratorischen Verfahren, also nur nachrichtlich, von den Unteren Denkmalbehörden in die Denkmalliste eingetragen werden. Die dazugehörige Villa dagegen wird getrennt behandelt: Sie soll wie bisher als Baudenkmal mit Verwaltungsakt im sogenannten konstitutiven Verfahren unter Denkmalschutz gestellt werden. Das könnte aber zu Problemen führen, wenn zum Beispiel eine Villa und der dazugehörige Garten als zwei getrennte Denkmäler mit unterschiedlichen Verfahren eingetragen werden, obwohl sie einen Sinnzusammenhang bilden. Wie die neue Regelung in der Praxis funktionieren soll, bleibt unklar – wie Vieles in dem neuen Gesetzentwurf.
Unsere Forderung: Gartendenkmäler gehören ganz und gar in den Zuständigkeitsbereich der Baudenkmalpflege, wie die Statue zum Park und der Garten zum Haus. Auch der rechtlich verbriefte Umgebungsschutz des Baudenkmals ist in vielen Fällen nur für Bau- und Gartendenkmal gemeinsam zu regeln.
Das neue Denkmalschutzgesetz stattet Kirchen mit Sonderrechten aus, die weit über das kirchliche Selbstbestimmungsrecht hinausgehen. So sollen Religionsgemeinschaften, sofern sie Körperschaften öffentlichen Rechts sind, den Denkmalbehörden den Zutritt zu ihren Kirchen verweigern und damit die fachliche Einschätzung, ob es sich möglicherweise bei dem Gebäude um ein Denkmal handelt, verhindern können. Sie sollen außerdem zustimmen dürfen, ob sie mit einer Unterschutzstellung einverstanden sind und haben sogar die Möglichkeit, das Ministerium direkt um Entscheidung anzurufen, wenn die Untere Denkmalbehörde eine Erlaubnis für eine Maßnahme nicht erteilen will. Anderen Religionsgemeinschaften, zum Beispiel islamischen Kulturverbänden, wird dieses Recht nicht eingeräumt. Auch anderen Denkmaleigentümer*innen gegenüber besteht eine Ungleichbehandlung. Sollte der Entwurf in dieser Weise realisiert werden, wird es künftig kaum mehr möglich sein, Kirchen unter Denkmalschutz zu stellen.
Unsere Forderung: Alle Denkmäler und Denkmaleigentümer*innen müssen vom Gesetzgeber gleichbehandelt werden. Aus Sicht des LVR ist der Entwurf des Denkmalschutzgesetzes nicht verfassungskonform und lässt Zweifel an der Trennung von Staat und Kirche aufkommen. (zu §§ 26 und 38)
Da das Denkmalschutzgesetz eine Zeitgrenze einführt, wird es schwierig sein, jüngere Denkmäler auf die Denkmallisten zu bringen. Denkmäler sollen demnach in der Regel mindestens 50 Jahre alt sein. Das bedeutet, dass die Bauten ab den 1970er Jahren keine Chance auf Aufnahme in die Denkmallisten erhalten und durch den Veränderungsdruck auf dem Immobilienmarkt als Geschichtszeugnisse verloren gehen.
Unsere Forderung: Der Denkmalwert eines Gebäudes darf nicht von einer willkürlich gesetzten Altersgrenze abhängig gemacht werden. Eine Generation Abstand genügt in der Regel, um aus denkmalpflegerischer Sicht die Bedeutung eines Objektes einschätzen zu können. Das Denkmalschutzgesetz darf keine jungen Denkmäler verhindern. Es ist Aufgabe von Denkmalpfleger*innen, den geschichtlichen Wert zu erkennen, bevor es zu spät ist.
Obwohl nur kleinere Reparaturmaßnahmen anstanden, gibt die Landesregierung das bewährte Denkmalschutzgesetz in wesentlichen Teilen auf. Der Entwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz lässt nichts Gutes für Denkmalschutz und Denkmalpflege in NRW erwarten. Die Fachkenntnis der Baudenkmalpflegeämter mit ihren zusammenwirkenden Kompetenzen in verschiedenen Berufsfeldern wie Kunstgeschichte, Architektur, Städtebau, Restaurierung, Vermessung, Bauforschung – ergänzt um Zusatzqualifikationen wie Garten- und Industriedenkmalpflege - , sollen Entscheidungen zur Unterschutzstellung oder zum Umgang mit Baudenkmälern künftig nicht mehr beeinflussen können.
Dem neuen Denkmalschutzgesetz fehlt nicht nur das Benehmen – es bringt die Baudenkmäler des Landes in Gefahr. Durch die Bevorzugung von Kirchen ist es nach rechtlicher Auffassung des Landschaftsverbandes zudem verfassungswidrig.
Der Gesetzesentwurf beschneidet darüber hinaus die Rechte und Pflichten der Landschaftsverbände, die in der Landschaftsverbandsordnung (LVerbO § 5 Abs. 1b) und in der Landesverfassung verankert sind (Art. 18 Abs.2 NRWVerf).
Podiumsteilnehmende im Kleinen Sendesaal des WDR Köln: Dr. Steffen Skudelny, Dr. Hagen W. Lippe-Weißenfeld, Ministerin Ina Scharrenbach, Dr. Michael Köhler (Moderation), Dr. Andrea Pufke, Dr. Holger Mertens (von li.) (Foto: WDR)
Kunst und Kultur im Diskurs: Im WDR 3 Forum diskutierten ausgewählte Gäste über aktuelle kulturelle und kulturpolitische Themen. Am Sonntag, den 25. April 2021, sendete der WDR-Hörfunk eine Podiumsdiskussion zur geplanten Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW mit dem Titel "Was bewirkt das neue Denkmalschutzgesetz?".
Teilnehmer*innen der Diskussion sind:
Das im Zuge des ersten Gesetzesentwurfs 2020 neu gegründete Denkmalschutz-Bündnis NRW informiert auf seiner Homepage über die jüngsten Entwicklungen in Zusammenhang mit der geplanten Neufassung des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes.
Hier finden sich u.a. die pointierten Stellungnahmen wichtiger Akteure, die im Rahmen der Verbändeanhörung zu dem im März 2021 vorgelegten zweiten Gesetzesentwurf abgegeben wurden:
Homepage des Denkmalschutz-Bündnisses NRW
Das Denkmalschutz-Bündnis NRW lehnt die geplante Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW 2021 ab.
Das Bündnis hatte sich 2020 im Zuge der ersten Gesetzesvorlage gebildet, um die Novellierung des Denkmalschutzgesetzes aktiv zu begleiten. Zum Denkmalschutz-Bündnis NRW gehören die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V., der Verband Deutscher Kunsthistoriker e.V., der Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V., der Verband der Restauratoren e.V., der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., der Westfälische Heimatbund e.V. und die Deutsche Burgenvereinigung e.V. und Professorinnen & Professoren in Nordrhein-Westfalen.
Die Bemühungen der Landesregierung um eine Novellierung des Denkmalschutzgesetzes NRW reichen weit zurück. Hier noch ein Beitrag des LVR-ADR vom 17.06.2019: