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Denkmalpflege im Rheinland

Pressemeldung

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22. Mai 2024 | Pressemeldung

Das ehemalige Parlaments- und Regierungsviertel in Bonn

Denkmalbereich von internationaler Bedeutung / Neues Buch der Denkmalpflege auf den Spuren der jungen Bundesrepublik

Bonn, Pulheim-Brauweiler. Pünktlich zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes gibt das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR) ein Buch über das ehemalige Parlaments- und Regierungsviertel in Bonn heraus. Seit den 1980er Jahren hatten die Autorinnen Angelika Schyma und Elke Janßen-Schnabel im Fachamt für Denkmalpflege die Entwicklung des geschichtsträchtigen Areals seitens der Denkmalpflege wissenschaftlich begleitet. Letztere sieht in der Zusammenschau der prägenden Objekte den „gebauten Ausdruck des Grundgesetzes“, das sich die junge Bundesrepublik im Mai 1949 zum Leitbild erschuf.

Langer Eugen, Kanzlerbungalow, Villa Hammerschmidt, Palais Schaumburg, Kanzleramt mit der Skulptur „Two Large Forms“ von Henry Moore, alter und neuer Plenarsaal: Insgesamt prägen rund 200 historische Objekte im Zusammenhang bis heute das Gesicht des Stadtquartiers, das bis 1999 der Dreh- und Angelpunkt des politischen Handelns der jungen Demokratie war. Sep Ruf, Hans Schwippert, Egon Eiermann und Günter Behnisch gehören zu den Baumeistern, die die Aufgabe hatten, das Monumentale mit dem Transparenten zu verbinden, Würde und Volksnähe gleichermaßen architektonisch zum Ausdruck und in Einklang zu bringen.

Nachdem sich der Deutsche Bundestag mit dem sogenannten Hauptstadtbeschluss vom 20. Juni 1991 entschieden hatte, seinen Sitz von Bonn nach Berlin zu verlegen, machte das ehemalige Parlaments- und Regierungsviertel in Bonn sowohl architektonisch als auch städtebaulich einen steten Wandlungsprozess durch, den die beiden Autorinnen kontinuierlich im Blick hatten.

Die Publikation dokumentiert die baulichen Zeugnisse und die Entwicklung des ehemaligen Parlaments- und Regierungsviertels, das zum Inbegriff der „Bonner Republik“ und damit zu einem baulichen Dokument der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurde. Sie unterstreicht zudem den Wert des Regierungsviertels als Denkmalbereich von internationaler Bedeutung. Der Denkmalbereich muss nun in einer kommunalen Satzung geschützt werden, damit die weitere Entwicklung des Areals unter historischen Geschichtspunkten qualitätssichernd begleitet werden kann.


Daten und Fakten zum Thema:

Mehrere Jubiläen treffen in diesen Tagen zusammen:

  • vor 75 Jahren trat das Grundgesetz in Kraft: morgen, am 23. Mai 1949.
  • das ist die Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland,
  • vor 25 Jahren zog die Bundesregierung von Bonn nach Berlin,
  • 50 Jahre lang war die Bundesregierung in Bonn; und schließlich:
  • vor 35 Jahren im Herbst erfolgte der Zusammenschluss der beiden Teile von Deutschland.

Bezogen auf das Grundgesetz, bezogen auf die staatliche Organisation, ist das Regierungsviertel in der Platzierung der Bauten und im räumlichen Miteinander, der gebaute Ausdruck des Grundgesetzes.

Der denkmalpflegerische Ansatz:
1999 zog die Bundesregierung von Bonn nach Berlin. Bereits kurz vor dem Umzug, ab Ende 1998, hat sich das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland mit dem Regierungsviertel, dem Gebiet zwischen Bonn und Bad Godesberg, aus historischer Sicht auseinandergesetzt, sowohl Einzelobjekte als auch den Gesamtzusammenhang erfasst und bewertet und die Objekte und die Gesamtheit den Kriterien des Denkmalschutzgesetzes unterzogen. Ergebnis sind etwa 200 Denkmäler und für den städtebaulichen Zusammenhang ein das Gebiet umfassender Denkmalbereich.

Seit 2013 stehen die Ergebnisse als Objektinformationen im Portal des LVR zur Kulturlandschaft „Kuladig“, mit interaktiven Karten vertieft und verbunden mit einer App für einen Rundgang. Darin enthalten ist eine StoryMap.

Im Herbst 2022 war der 1999 von der Stadt Bonn begonnene Strukturwandel des Viertels abgeschlossen, nun setzte die allgemeine städtebauliche Entwicklung ein. Diesen Einschnitt nahm das Denkmalpflege-Fachamt des LVR zum Anlass, das Viertel noch einmal zu betrachten und neu zu bewerten. Durch Abrisse und Neubauten hatte sich ein enormer Wandel vollzogen. Dennoch sind die bedeutsamen Zeugnisse substantiell erhalten, und im städtebaulichen Zusammenhang sind die Kriterien eines neu gedachten Denkmalbereiches erfüllt. Denn der Zusammenhang von zahlreichen Ensembles weist eine deutliche geschichtliche Aussage auf, ist baulich einzigartig, ein Unikat von internationalem Wert, das fachlich in seiner weiteren Entwicklung eng begleitet werden sollte.

Das Gebiet (das ehemalige Regierungsviertel in Bonn) war immer auch ein Spiegel der gesellschaftlichen und auch der politischen Haltung:

  • von 1949 an - 20 Jahre lang geprägt von Unauffälligkeit, Bescheidenheit, Unsicherheit, Vorsicht.
    Politisch bedeutete das: Verzicht auf Repräsentation, Berlin in der Hauptstadtfrage den Vorrang zu lassen, Beratungen zu Konzepten unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu erstellen, nach dem baulichen Ausdruck der Demokratie zu suchen.
    Baulich hieß das: in vorhandene Bauten einzuziehen (Umnutzung des Bestands), provisorische Baracken aufzustellen, zurückhaltende Neubauten zu errichten und sich damit vorsichtig an das Thema „Bauen und Demokratie“ heranzutasten. Der Plenarsaal von Schwippert hatte hierzu ein neues und offenes Konzept vorgelegt und einen entscheidenden neuen Baustein geliefert: Transparenz in architektonische Form zu gießen.
  • ab 1973 mit dem Bekenntnis zu Bonn als Bundeshauptstadt durch Willy Brandt erfolgte der städtebauliche Ausbau zur Bundeshauptstadt mit Wettbewerben, städtebaulichen Konzepten, wie die BuGa 79 mit dem Rheinauenpark.
  • ab 1982 entstanden auf internationalem Niveau Solitäre von hoher architektonischer Qualität.

Die Publikation:

Angelika Schyma und Elke Janßen-Schnabel:
Das ehemalige Parlaments- und Regierungsviertel in Bonn – Topografie einer Demokratie

Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 87
Eine Veröffentlichung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), herausgegeben von Landeskonservatorin Dr. Andrea Pufke
304 Seiten, 227 Farb- und 39 SW-Abbildungen
Imhof-Verlag, ISBN 978-3-7319-1398-6
€ 49,95

Weitere Infos zum Buch mit Inhaltsverzeichnis und Leseprobe

Abbildungen:

Abbildung des Buchcovers zum Herunterladen (JPG, 1,59 MB)


Landeskonservatorin Dr. Andrea Pufke im schützenswerten Denkmalbereich des historischen Regierungsviertels, Foto: Silvia Wolf, LVR-ADR (JPG, 1,22 MB)


Die Autorinnen Dr. Elke Janßen-Schnabel (l.) und Dr. Angelika Schyma vor der ehemaligen Bayerischen Landesvertretung. Foto: Sabine Cornelius, LVR-ADR (JPG, 1,45 MB)



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Pressekontakt:

Sabine Cornelius
Pressereferentin LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland
E-Mail: sabine.cornelius@lvr.de.