13. März 2024 | Pressemeldung
Mönchengladbach/Pulheim-Brauweiler. Mit der Tuchfabrik Willy Schmitz in der Sachsenstraße befindet sich in Mönchengladbach einer der bundesweit wenigen erhaltenen Industriebauten des renommierten Berliner Architekten Otto Bartning. Nach seinen Plänen ist die Fabrik in den 1920er Jahren erweitert worden – nun soll sie als Denkmal geschützt werden.
Historische Textilfabriken vor allem aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg sind in Mönchengladbach – dem „rheinischen Manchester“ – keine Besonderheit; aber diese ist ein echter Hingucker: Durch ihre modernistische Formensprache der Jahre 1923/24 setzt sich die Tuchfabrik Willy Schmitz deutlich von älteren Anlagen ab.
1897 an anderer Stelle gegründet, waren die ersten Bauten an der Sachsenstraße 1911 entstanden. Die damalige Weberei „Gebrüder Aschaffenburg“ ist dann aber in den 1920er Jahren nach Plänen Otto Bartnings konsequent im Stil der Moderne erweitert worden. Dadurch ergibt sich heute ein spannender Stilmix: Einigen Anlagenteilen ist die Erbauungszeit vor dem Ersten Weltkrieg noch deutlich anzusehen, vor allem zur Straße hin dominiert allerdings der moderne Stil. Und der setzt auf klare Kante ohne Schnörkel. „Die heutige Tuchfabrik Willy Schmitz ist damit auch ein Beispiel für das Bauen im Bestand. Schließlich hat Bartning hier nicht auf der grünen Wiese neu geplant, sondern eine bestehende Anlage neuen Anforderungen und einem veränderten Zeitgeschmack angepasst“, sagt Dr. Ralf Liptau, wissenschaftlicher Referent beim LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR).
Mit Otto Bartning hatte die Unternehmerfamilie Aschaffenburg einen Architekten verpflichtet, der schon damals zu den bedeutenden Vertretern des Neuen Bauens gehörte und als geistiger Mitbegründer des 1919 in Weimar gegründeten Bauhaus zählt. Bartning plante vor und nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem Kirchen und Wohnbauten; Industrieanlagen aus seiner Feder sind kaum überliefert.
Wirtschaftliche Turbulenzen zwangen die Aschaffenburgs bereits 1929 zum Verkauf ihrer Fabrik. Nach mehreren Besitzerwechseln übernahm schließlich Wilhelm Schmitz das Unternehmen 1938 vollständig und gab ihm seinen heutigen Namen „Tuchfabrik Willy Schmitz“. Bis heute werden vor Ort Spezialtextilien gefertigt, die baulichen Anlagen sind weiterhin in Familienbesitz.
Denkmalantrag ist gestellt
Das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland hat nun die Unterschutzstellung der Fabrikbauten bei der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Mönchengladbach beantragt.
„Mit der nun bevorstehenden Eintragung in die Denkmalliste erhält die Stadt Mönchengladbach ein in seiner überlieferten Substanz und mit seiner Verbindung zu einem der bedeutendsten Architekten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einzigartiges Denkmal aus der Zeit des ‚Neuen Bauens‘“, erklärt Dr. Reinhard Köpf, Leiter der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Mönchengladbach. In dieser Hinsicht bilde die Textilfabrik Willy Schmitz „einen weiteren Baustein zum Verständnis dieser spannenden Architekturepoche“.
Das Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalens sieht ein zweistufiges Verfahren vor, nach dem die Eintragung eines Denkmals nach rein fachlichen Kriterien zu erfolgen hat. Fragen der Nutzung und Erhaltung werden auf dieser Grundlage in der zweiten Stufe behandelt.
Fotos zum Herunterladen:
Das Verwaltungsgebäude der heutigen Tuchfabrik Willy Schmitz liegt direkt an der Werkszufahrt an der Sachsenstraße. Dahinter befinden sich ältere, ebenfalls denkmalwerte Bestandteile der Firma. Rechts im Bild das Kesselhaus aus dem Jahr 1912. Foto: Ralf Liptau, LVR-ADR (JPG, 2,02 MB)