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Denkmalpflege im Rheinland

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28. November 2023 | Pressemeldung

Duisburg: Deutschlands älteste nachrömische Stadtmauer ist wieder standsicher

Die Sanierung der mittelalterlichen Stadtmauer von Duisburg entlang der Unterstraße.

Duisburg, Pulheim-Brauweiler. Die Stadtmauer von Duisburg, älteste nachrömische Stadtmauer Deutschlands, ist wieder standsicher und für die kommenden Jahrzehnte gesichert. Das 100 Meter lange Teilstück an der Unterstraße, das in diesem Sommer und Herbst mit fachlicher Beratung des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR) saniert wurde, schließt die Maßnahmen an der Mauer ab. Von der ursprünglich etwa drei Kilometer langen Mauer ist heute noch etwa ein Drittel in Teilstücken erhalten.

Die ursprünglich zwischen 80 und 100 Zentimetern starke Wehrmauer wurde zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert erbaut. Gotische Spitzbögen trugen auf der Stadtseite den Wehrgang, die knapp mannshohe Brustwehr breite Zinnen. Sie sind im östlichen Teil des Mauerabschnitts noch in Resten erhalten.

Die nun abgeschlossene Sanierung lenkte den Blick der Denkmalpflege-Fachleute auf teils überraschende Bauspuren aus den nachfolgenden Jahrhunderten.

Unterirdische Mauer
Die dem Rhein zugewandte Feldseite der Mauer war bis ins 19. Jahrhundert immer wieder Überschwemmungen ausgesetzt. Mit dem Ausbau des Innenhafens in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Gelände vor und innerhalb der Stadtmauer um etwa drei Meter auf das heutige, hochwassersichere Niveau angeschüttet. Daher stecken die heute erhaltenen Teile der Stadtmauer bis zum Ansatz der Bögen des Wehrgangs im Boden, wo sie zwar nicht sichtbar sind, das historische Mauerwerk gleichzeitig aber bestens vor Verwitterung und Beschädigungen geschützt ist.

Heute sichtbare Mauer
Die heute sichtbare Mauer zeigt nicht nur den mittelalterlichen Bestand, sondern auch umfangreiche Reste von jüngeren An- und Aufbauten. Im Mittelalter wurde der Wehrcharakter der Stadtmauer feldseitig mit einem Wall- Grabensystem verstärkt und von Bebauung freigehalten. Nach der Aufschüttung der Gräben in der Mitte des 19. Jahrhunderts und der Ansiedlung von Gewerbebetrieben wurde die Stadtseite der Mauer mit zahlreichen, oft sehr schmalen Häusern bebaut, die die Stadtmauer als Rückwand benutzten und die erst nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges wieder verschwanden. An vielen Stellen sind noch die Balkenlöcher im Mauerwerk sichtbar, in denen die Balken der Geschossdecken der Häuser steckten. Wo die mittelalterliche Mauer nicht hoch genug war, war sie in Backsteinmauerwerk aufgestockt worden.

HistorischeBauspuren
Diese Bereiche sind über die kleineren, im 19. Jahrhundert üblichen Formate der Backsteine im Reichsformat, aber auch die Reste typischer Tür- und Fensteröffnungen erkennbar. Teilweise wurden auch Türöffnungen in die Türme eingebrochen, im westlichen Turm ist eine solche zwischenzeitlich wieder zugemauerte Tür zu erkennen. Sie führte zu einem im Turm eingerichteten kleinen Stall, dessen gemauerte Tränke, vielleicht für eine Kuh oder ein Pferd, noch vorhanden ist. Im Inneren der Häuser wurde die mittelalterliche Mauer zumeist regelrecht abgearbeitet, einerseits um Platz zu gewinnen, andererseits aber vielleicht auch zur Gewinnung von Baumaterial. Dies ist der Grund, warum der Wehrgang heute weitgehend verschwunden ist und die stadtseitige Maueroberfläche so unregelmäßig erscheint.

Auf der zum Hafen gelegenen Feldseite der Mauer ist das mittelalterliche Mauerwerk sehr viel besser, in größeren Bereichen sogar fast unbeschädigt erhalten und zeigt hier die hohe handwerkliche Qualität der mittelalterlichen Ziegelbrenner und Bauleute.

In der Vorbereitung der Restaurierung wurden alle Baubefunde und Bauphasen von einem Institut für Bauforschung und Dokumentation erfasst, in einem Bericht dokumentiert und in Kartierungen festgehalten. Das Planmaterial, insbesondere eine verformungsgerechte Abwicklung der Mauer, lieferte das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland.

Der vorgefundene Zustand
Der Zustand der zuletzt in den 1990er Jahren sanierten Mauer war sehr schlecht. Die Mauerkronen waren stellenweise zerrüttet, so dass einzelne Steine lose lagen und die Gefahr herabfallender Stücke nicht ausgeschlossen werden konnte. Die Fugen waren stellenweise tief ausgewaschen. Fast überall hatte sich Bewuchs gebildet, teils war Efeu mit seinen Wurzeln tief in das Mauerwerk eingedrungen. Durch eine fehlerhafte Entwässerung der Dächer der unmittelbar an der Mauer stehenden Hallen war das Mauerwerk zum Teil stark durchfeuchtet, was bereits zu Frostschäden an den Ziegelsteinen geführt hatte. Im östlichen Teil des Mauerabschnittes, wo hinter einer hohen Aufmauerung der Nachkriegszeit aus Kalksandstein eine Lagerhalle steht, konnte die Standsicherheit nicht mehr nachgewiesen werden.

Das Restaurierungskonzept
Das Konzept orientierte sich im Wesentlichen an den Maßnahmen der bereits zuvor instandgesetzten Mauerabschnitte und umfasste neben einer Reinigung und der Entfernung des Bewuchses vor allem die Überarbeitung der Verfugung, aber auch die Verfüllung von Hohlräumen. Aus Gründen der Standsicherheit mussten einige stark zurückgewitterte oder ausgebrochene Mauerwerkspartien ergänzt werden. Schließlich wurde auf die Mauerkronen eine Abdeckung mit Platten aus Basaltlava aus der Eifel und einem faserarmierten Abdeckmörtel aufgebracht, um die Mauer zukünftig vor eindringendem Regenwasser zu schützen. An zwei Stellen, einmal an der Feldseite und einmal an der Stadtseite, mussten schlanke Betonstützen angebaut werden, um der Mauer wieder Halt zu geben.

Die Instandsetzung
Die Restaurierung der Mauer wurde im Sommer und Herbst 2023, am westlichen Ende wegen Einsturzgefahr aber schon 2019, von zwei Natursteinfachbetrieben aus Duisburg und dem westfälischen Greven mit Schwerpunkt in der Denkmalpflege, ausgeführt. Die Fugen wurden mit einem Mörtel auf Basis von natürlichem Hydraulischen Kalk, der technisch und optisch dem ursprünglichen Mörtel nahekommt, überarbeitet. Fehlende Steine und Mauerwerkspartien wurden teils mit eigens hergestellten Backsteinen im Klosterformat, teils mit historischen Backsteinen aus Abbrüchen, teils mit handelsüblichen Ziegeln ergänzt. Risse wurden durch in Fugen eingelegte Anker vernadelt, Hohlstellen vergossen und die Abdeckung aufgebracht. Während der Restaurierung traten auch einige Über-raschungen auf: So tauchte hinter einer dünnen, fragilen Vermauerung eine Fensteröffnung des 19. Jahrhunderts auf, in der sich noch ein vielleicht zu einer Werkstatt gehörendes Eisenfenster befand. Das Eisenfenster wurde vorsichtig ausgebaut, konserviert und sichtbar am ursprünglichen Ort wieder eingelassen.

Neue Mauerwerksstützen
Zwei Bereiche der Mauer mussten durch schlanke Betonstützen gesichert werden, um etwa bei Sturm ihre Standsicherheit zu gewährleisten. Auf der dem Hafen zu gelegenen Feldseite wurden diese Stützen in Sichtbeton ausgeführt und mit Mauerankern mit der Mauer verbunden. Da es hier in historischer Zeit keine Anbauten gab, blieben die Stützen betonsichtig. Im westlichen Teil des Mauerabschnittes mussten die Stützen an der Stadtseite der Mauer errichtet werden. Die Stützen wurden hier exakt an die Stelle ehemals an die Mauer anstoßender Zwischenwände der hier ehemals stehenden Häuser gestellt, an der Stirnseite mit teils gebrochenen Ziegeln verkleidet und seitlich verputzt, so dass sie neben ihrer statischen Funktion auch den Standort ehemaliger Häuser verdeutlichen.

Archäologische Grabungen
Um die genaue Ausdehnung des noch unterhalb des heutigen Bodenniveaus liegenden Teile der mittelterlichen Mauer, vor allem die Position der Pfeiler des ehemaligen Wehrgangs zu erkunden, finden derzeit archäologische Ausgrabungen in einem schmalen Streifen entlang der Stadtseite der Mauer statt. Neben der Erforschung der Mauer sind die Ergebnisse dieser Grabungen auch die Grundlage für neue Aufmauerungen, die bis leicht über Bodenniveau die genaue Lage der mittelalterlichen Mauer und des Wehrgangs verdeutlichen sollen. Dabei treten auch Reste der später angebauten Häuser zu Tage, die dokumentiert und gesichert werden und deren genaue Lage über farblich abgesetztes Material im Boden angedeutet werden soll.

Beteiligte
Die Restaurierung des Mauerabschnittes wurde in regelmäßigen Ortsterminen zwischen der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Duisburg, Baudenkmalpflege und Stadtarchäologie, dem Amt für Stadtentwicklung und Projektmanagement, dem planenden Architekturbüro, dem LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland und den ausführenden Fachbetrieben detailliert abgestimmt.

Kosten
Die Kosten der Gesamtmaßnahme betragen 512.000,-€, die Hälfte davon finanziert der Bund aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm X (DS X) der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), der Rest wird von der Stadt Duisburg getragen.

Fotos zum Herunterladen:
Stadtmauer Duisburg, Foto: Christoph Schaab (JPG, 1,85 MB)


Halbrunder Wehrturm der Stadtmauer Duisburg, Foto: Christoph Schaab (JPG, 1,69 MB)


Stützmauern an der Stadtmauer Duisburg, Foto: Christoph Schaab (JPG, 1,91 MB)



Pressekontakt:
Sabine Cornelius, LVR-ADR
E-Mail

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