Zwei Restauratorinnen des LVR-ADR bei Arbeiten an den Deckenmalereien im Kapitelsaal der Abtei Brauweiler (Foto: LVR-ADR)
Der Kapitelsaal gehört zusammen mit der Benediktuskapelle zu den einzigen noch erhaltenen Klosterräumen des 12. Jahrhunderts in der Abtei Brauweiler und ist als Versammlungsraum der Mönche prachtvoll ausgestattet. Die Ausmalung der Gewölbe zählt zu den bedeutendsten Zeugnissen romanischer Malerei im Rheinland. Die Bilder illustrieren das Leben von Heiligen, Märtyrern und Propheten und feiern den Sieg des christlichen Glaubens. Doch die in kostbaren Farben angelegten Malereien haben eine leidvolle Geschichte hinter sich. Sie wurden – dem jeweiligen Zeitgeschmack entsprechend – mehrfach übermalt und wieder freigelegt, so dass die mittelalterlichen Heiligendarstellungen meist nur noch in der Vorzeichnung erhalten sind. Bei früheren Restaurierungen eingesetzte, ungeeignete Materialien wie Kaliwasserglas verursachen bis heute Probleme.
Die exemplarische Forschungsrestaurierung, die im Sommer 2020 begonnen wurde, führt die Abteilung Restaurierung des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland durch, um den wertvollen Malereibestand zu sichern. Vier Amtsrestaurator*innen, spezialisiert auf die Konservierung von Stein und Wandmalerei, entwickeln an einer Musterfläche das restauratorische Konzept. Es umfasst das ganze Spektrum des aktuellen Schadensbildes: Risse werden geschlossen, abgehobene Malschichten gefestigt, Spinnenweben und Schmutz schonend entfernt, Salzbelastungen untersucht, Putzablösungen stabilisiert und dichte, schwarze Bitumenreste an den Wänden reduziert. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die Ausarbeitung eines detaillierten Restaurierungskonzepts, das den mittelalterlichen Bestand und auch die späteren Zeitschichten des 18. bis 20. Jahrhunderts berücksichtigt.
Die schonende Konservierung des Bestands ist oberste Prämisse, denn die Wandmalereien haben bereits viel erdulden müssen. Die Restaurator*innen gehen mit äußerster Vorsicht vor. Ziel ist, das Vorhandene bestmöglich zu bewahren. Untersuchungen werden zerstörungsfrei durchgeführt, die Malereien nicht ergänzt und Fehlstellen nicht übermalt. Rissschließungen erfolgen mit Kalkmörtel in einem hellen Ockerton, der sich am mittelalterlichen Putzgrund orientiert. Das Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft der TH Köln kooperiert mit naturwissenschaftlichen Untersuchungen, Mikroskopie und Klimamessungen. Die hochempfindlichen mittelalterlichen Fresken werden so in ihrer vorhandenen Substanz gesichert, nicht aber verändert. Dazu trägt auch die konservatorische Behandlung und optische Beruhigung der umgebenden Wandflächen bei.
Dokumentation digital: Professionelle Fotografien und eine 3D-Vermessung begleiten sämtliche Maßnahmen, halten Vor-, Zwischen– und Endzustände fest. Die dreidimensionale Raumdokumentation mittels hochauflösender Fotografien ("structure from motion") eröffnet neue Möglichkeiten, die Malereien selbst auf steilen und stark gekrümmten Gewölbeflächen verzerrungsfrei wiederzugeben. Sogar Breite und Tiefe von Rissen werden dreidimensional festgehalten. Zusammen mit Vermessung und Fotowerkstatt erproben die Restaurator*innen die Einsatzmöglichkeiten und praktische Handhabbarkeit der neuen Techniken im Restaurierungsverlauf. Untersuchungen zur Technologie der mittelalterlichen Malereien, zu den Schadensbildern und der Konservierung fließen in die wissenschaftliche Dokumentation ein und können der Öffentlichkeit digital verfügbar gemacht werden.
Kunsthistoriker*innen: Dr. Andrea Pufke, Dr. Ludger Sutthoff, Dr. Andreas Stürmer, Dr. Ulrike Heckner
Restaurator*innen: Dipl.-Rest. Christoph Schaab, Dipl.-Rest. Sigrun Heinen, Dipl.-Rest. Verena Wetter, Stefanie Gatzke M.A.
Vermessungsingenieur: Dipl.-Ing. Hans Meyer
Fotografinnen: Silvia-Margrit Wolf, Viola Blumrich, Vanessa Lange