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Industriedenkmalpflege

Friedrich-Ebert-Brücke in Bonn

Die Friedrich-Ebert-Brücke in Bonn - ein Denkmal am seidenen Schrägseil?

Das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR) hat Ende Januar 2025 bei der Bezirksregierung Köln die Eintragung der Bonner Friedrich-Ebert-Brücke in die Denkmalliste beantragt und diesen Schritt durch eine Pressemitteilung publik gemacht. Unser Auftrag und Ziel ist es, damit den kulturellen Wert solch herausragender Infrastrukturbauten und ihren Beitrag zur Denkmallandschaft in die öffentliche Diskussion einzubringen – gerade dann, wenn es konkrete Abrisspläne gibt.

Was macht die Bonner Brücke so besonders?

Der Denkmalwert der 1967 eröffneten Verbindung zwischen den linksrheinischen Autobahnen 555/565 mit der rechtsrheinischen A59 basiert auf gleich mehreren Faktoren: Die als denkmalwert erkannte Brücke bezeugt bundesdeutsche Verkehrsgeschichte, steht für die Geschichte Bonns als Bundeshauptstadt und ist wichtiger Markstein in der Konstruktionsgeschichte des Brückenbaus.

Relevante Aspekte für den Denkmalwert:

Verkehrsgeschichte: Der Ausbau des Autobahnnetzes war in den Boomjahren der 1960er in der Bundesrepublik das große Thema. Welcher Aufwand betrieben wurde, um möglichst freie Fahrt über Berg, Tal und Fluss zu gewährleisten, zeigt sich prototypisch im Brückenbau – hier im Rheinland natürlich vor allem über den Rhein. Beinahe alle Rheinbrücken stammen aus den direkten Nachkriegsjahrzehnten, einerseits wegen des nötigen Wiederaufbaus nach den Kriegszerstörungen, vor allem aber wegen der Ausweitung des Straßennetzes, die zum Bau vieler zusätzlichen Brücken führte. Die Bonner Friedrich-Ebert-Brücke ist beispielhaftes Zeugnis für diese Entwicklung.

Bonn als Hauptstadt: Im Fall der Friedrich-Ebert-Brücke kommt hinzu, dass der Bau der Rheinquerung gemeinsam mit dem Bau der rechtsrheinischen A59 und dem Ausbau des Köln-Bonner Flughafens zum Hauptstadtflughafen erfolgte. Mit der neuen Brücke und dem damit ausgebauten Autobahnring um das Bonner Zentrum sortierte sich also nicht nur der Autoverkehr in der Hauptstadt neu, sondern auch die Verbindung zum internationalen Flugverkehr. Damit ist die Brücke heute auch Zeugnis für den funktionalen Ausbau Bonns zur Bundeshauptstadt, ähnlich wie die etwa zeitgleich entstandene unterirdische Stadtbahn.

Geschichte des Brückenbaus: Die Konstruktionsweise der Friedrich-Ebert-Brücke, entwickelt durch den renommierten Brückenbauingenieur Hellmuth Homberg gemeinsam mit dem Architekten Heinrich Bartmann, war damals in dieser Dimension völlig neuartig und wurde in der Folge zum internationalen Exportschlager. Anders als bei bis dato errichteten Schrägseilbrücken, etwa bei den Düsseldorfer Schrägseilbrücken, kam hier das so genannte Vielseilprinzip sprichwörtlich zum Tragen. Die Fahrbahn ist dabei an insgesamt 40 Schrägseilen pro Pylon aufgehängt, was zu mehr Planungsvariabilität und höherer Stabilität führt – und zudem eine landschaftsprägende Wirkung entfaltet, die für den Bonner Norden bis heute bestimmend ist. Auch deshalb ist die Brücke nicht nur Namensgeberin, sondern als "weithin landschaftsprägend im Rheintal“ auch wertgebender Bestandteil des bereits seit 2016 bestehenden "Kulturlandschaftsbereichs Friedrich-Ebert-Brücke“.

Werden jetzt alle Brücken zum Denkmal?

Vergleichbare Autobahnbrücken über den Rhein aus ähnlicher Zeitschicht – etwa die zum Abriss vorgesehene Fleher Brücke in Düsseldorf oder die bereits abgebrochenen Brücken in Leverkusen und Duisburg-Neuenkamp – vereinen nicht so viele Bedeutungsschichten wie das Bonner Beispiel. Als Denkmalfachamt sind wir deshalb dort nicht in eine vertiefte Prüfung eingestiegen. Gerade die Vielzahl der potentiellen Vergleichsbeispiele zeigt aber, dass die Bauaufgabe „Autobahnbrücke über den Rhein“ seit den 1960er Jahren große Bedeutung hatte und konstruktiv häufig auf ähnliche Weise, nämlich mit dem Schrägseiltypus, gelöst wurde. Vor dem Hintergrund, dass in den vergangenen Jahren viele Vertreterinnen dieses Bautyps verschwunden sind – und in den kommenden Jahren weiter verschwinden werden – kommt der Bonner Brücke auch die Aufgabe zu, stellvertretend für die ganze Gruppe als wichtige Vertreterin der rheinischen Denkmallandschaft zu stehen. Gerade weil sich in der Bonner Brücke so viele Bedeutungsebenen verbinden, hat sich der Fokus der Denkmalpflege nun schon seit geraumer Zeit auf genau dieses Bauwerk gerichtet; bereits im Januar 2024 haben wir kommuniziert, dass es sich bei der Brücke voraussichtlich um ein Denkmal handelt und die vertiefte Prüfung angekündigt.

Könnte eine denkmalgeschützte Friedrich-Ebert-Brücke weiterhin als Autobahnbrücke genutzt werden?

Das wissen wir nicht. Die rechnerisch ermittelte Restnutzungsdauer der Brücke endet in rund zehn Jahren. Zudem sind zahlreiche konstruktive Ermüdungserscheinungen an dem inzwischen 60 Jahre alten Bauwerk bekannt. Anders als bei älteren, als Denkmal längst etablierten und ertüchtigten Brücken - im Rheinland etwa der Kölner Hohenzollernbrücke oder der Müngstener Talbrücke - gibt es in Bezug auf die prägenden Brückenbauten der Nachkriegsjahre bisher nur wenig Praxiserfahrung in der Erhaltung. Beispielsweise in Düsseldorf wird derzeit nach Erhaltungsoptionen für die denkmalgeschützte Theodor-Heuss-Brücke gesucht, ähnliche Diskussionen gibt es etwa in Hamburg in Bezug auf die dortige Köhlbrandbrücke. Das ist also ein herausforderndes Thema von mindestens bundesweiter Bedeutung - Ausgang offen. Die Eintragung der Friedrich-Ebert-Brücke als Denkmal würde auch hier bedeuten, Optionen der Sanierung und Ertüchtigung zu prüfen, die einen möglichst weitgehenden Erhalt des Denkmalwerts ermöglichen. Eine solche Prüfung ist nach unserem Kenntnisstand bisher nicht erfolgt – was ihr Ergebnis wäre, ist daher bisher nicht zu sagen. Sollte sich am Ende keine Lösung finden lassen, könnte tatsächlich der Abriss der Brücke die einzige Option sein. Der rein museale Fortbestand einer solch wichtigen Verkehrsachse - ein Erhalt der Autobahnbrücke, ohne dass sie als solche genutzt werden könnte - hätte in der Abwägung der Belange keine realistische Chance und würde auch von der Denkmalpflege kaum als Ziel ausgegeben werden.

Warum also der Denkmal-Antrag mitten in den laufenden Planungen? Verzögert sich dabei nicht einfach nur der Ersatzneubau?

Wenn in der Planung der Denkmalaspekt zu berücksichtigen ist, wird diese sicher nicht leichter. Deshalb haben wir die Annahme, es könne sich um ein Denkmal handeln, frühestmöglich kommuniziert, ähnlich wie beispielsweise Umweltverbände ihre Belange eingebracht haben. Ziel und Aufgabe der Denkmalpflege muss sein, auf kulturelle Werte hinzuweisen, die verloren zu gehen drohen. Gerade in der jetzt angelaufenen Öffentlichkeitsbeteiligung zur Brückenplanung ist es Auftrag der Denkmalpflege, ihre Position und fachliche Haltung in die Diskussion einzubringen. Das nordrhein-westfälische Denkmalschutzgesetz sieht aus gutem Grund ein zweistufiges Vorgehen vor, nach dem die Eintragung eines erkannten Denkmals im ersten Schritt passiert. Der Antrag auf Eintragung der Friedrich-Ebert-Brücke in die Denkmalliste erfolgt in der ersten Stufe auf rein fachlicher Grundlage – als zuständiger Behörde ist es nun an der Kölner Bezirksregierung, zu prüfen, ob die fachlichen Voraussetzungen für eine Eintragung auch aus ihrer Sicht gegeben sind. Fragen des möglichen Umgangs mit dem Denkmal, die Suche nach Erhaltungsoptionen und nach etwaigen Kompromissen sind für die zweite Stufe – also nach einer rechtskräftigen Eintragung – vorgesehen. Mit der öffentlichen Kommunikation des erkannten Denkmalwerts wollen wir als Fachamt bei diesem wichtigen Bauwerk schon jetzt dazu beitragen, dass alle denkmalfachlichen Informationen bekannt sind und letztlich auch in die Abwägungsentscheidung einfließen können. Auch hier: Ausgang offen.

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