Ende April 2023 verabschiedete sich Dr. Elke Janßen-Schnabel in den Ruhestand, nach 35 Jahren Tätigkeit im LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR). Im Anschluss an das Studium der Architektur an der RWTH Aachen, nach freier Mitarbeit in einem Architekturbüro, 2. Staatsexamen und kurzer Tätigkeit bei der Stadt Köln, entschied sie sich für den Weg in die Denkmalpflege und absolvierte ab April 1987 ein Volontariat im Rheinischen Amt für Denkmalpflege. Anschließend wirkte sie dann ab Juli 1988 zunächst mit an dem groß angelegten, Ende der 1970er Jahre im Vorfeld der Verabschiedung des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes begonnenen Projekt der flächendeckenden Kulturguterfassung durch den Landeskonservator Rheinland. Im Mai 1989 war sie dann endgültig in der Abteilung Inventarisation angekommen und wurde dort auch gleich mit dem Aufgabenfeld betraut, welches sie ihr weiteres berufliches Leben intensiv beschäftigen sollte: Denkmalbereiche. Ein Aufgabenfeld, das der persönlichen Vorstellung in der "Denkmalpflege im Rheinland“ zufolge auch damals schon als "schwierig" galt. Die besondere Schwierigkeit in der Handhabung dieses Schutzinstrumentes des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes liegt in der Komplexität des Weges, der von der denkmalfachlichen Begutachtung bis zur Verabschiedung einer kommunalen Denkmalbereichssatzung zurückzulegen ist und der, neben der fachlichen Expertise, auch ein hohes Maß an Kommunikations- und Vermittlungsarbeit erfordert. Damit ist nicht nur das zentrale Aufgabenfeld benannt, das Elke Janßen-Schnabel ihr ganzes Berufsleben im LVR-ADR begleitet hat, sondern auch zwei besondere Qualitäten ihrer Arbeit, die sich wie rote Fäden durch alle ihre beruflichen Tätigkeiten ziehen: Kommunikation und Vermittlung. Während der langwierigen, oft politisch aufgeladenen Prozesse bis zum Inkrafttreten einer Denkmalbereichssatzung (und natürlich auch noch darüber hinaus) wurde sie nie müde, bei allen Akteuren für die Ziele und die Akzeptanz des jeweiligen Denkmalbereichs zu werben. Unermüdlich war sie auch darin, die Ergebnisse und Erkenntnisse ihrer Arbeit zu Papier zu bringen. Befragt man den Bibliothekskatalog des LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, so erhält man eine eindrucksvolle, 124 Einträge lange Trefferliste mit von ihr verfassten Aufsätzen und Büchern. Texte zu zahlreichen einzelnen Denkmalbereichen finden sich hier ebenso wie grundsätzliche theoretische Überlegungen zu diesem besonderen denkmalfachlichen Aufgabenfeld und seinen zahlreichen Berührungspunkten mit Themen der städtebaulichen Denkmalpflege und des Kulturlandschaftsschutzes. In dieser Liste gibt es nur im Jahr 1997 eine kleine Lücke – zufällig jene Zeit, in der sie an ihrer Dissertation zu dem Thema "Planungsprogramme frühkolonialer englischer Städte in Nordamerika im Vergleich mit Konzepten französischer, niederländischer und spanischer kolonialer Niederlassungen" arbeitete, mit der sie 1998 an der Fakultät für Architektur der RWTH Aachen promoviert wurde. Unter den vielen Publikationen von Elke Janßen-Schnabel seien vor allem zwei hervorgehoben: In dem 2016 in der Reihe der Arbeitshefte erschienenen Band "Denkmalbereiche im Rheinland“ sind alle bis zu diesem Zeitpunkt geschützten Denkmalbereiche dokumentiert, mit kurzen Texten, charakteristischen Fotos und einer kartographischen Darstellung des Umfangs. Auch die "erkannten", aber noch nicht rechtskräftig umgesetzten Denkmalbereiche finden sich in diesem wichtigen Überblickswerk, das die Vielfalt der rheinischen Denkmallandschaft auf eine besonders prägnante Weise vermittelt. Und ein weiteres Thema, das Elke Janßen-Schnabel über fast drei Jahrzehnte und noch bis in den Ruhestand hinein begleitete, war das ehemalige Regierungsviertel in Bonn. Der schon 1998 von ihr gutachtlich festgestellte Denkmalbereich wurde zwar bis heute nicht umgesetzt, doch aus ihrer gemeinsam mit Angelika Schyma, der ehemaligen Leiterin der Abteilung Inventarisation über lange Jahre geführten Beschäftigung mit diesem Thema, entstand noch jüngst ein wichtiger Überblick über den baulichen Bestand dieses einmaligen Zeugnisses deutscher Nachkriegsgeschichte, der 2024 als Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege unter dem Titel "
Das ehemalige Parlaments- und Regierungsviertel in Bonn: Topographie einer Demokratie
" erschienen ist. Von den vielen Denkmalbereichen, die Elke Janßen-Schnabel begutachtet hat, sei neben dem Regierungsviertel noch ein zweiter hier ausdrücklich erwähnt, denn er wirft ein großes Schlaglicht auf ein weiteres Aufgabenfeld, mit dem sie sich fast während ihres gesamten Arbeitslebens intensiv beschäftigt hat: die historische Kulturlandschaft. Der seit 2008 rechtskräftige Denkmalbereich "Siegaue: Stadt Blankenberg – Bödingen" umfasst nicht nur die beiden Ortskerne, sondern auch die historisch geprägte Kulturlandschaft zwischen ihnen. Die Begriffsbestimmung in § 2 DSchG NRW alte Fassung (bis 2022), dass neben "Garten-, Friedhofs- und Parkanlagen“ auch "andere von Menschen gestaltete Landschaftsteile“ als Baudenkmäler eingestuft werden konnten, ermöglichte es, auch historische Kulturlandschaften denkmalfachlich in den Blick zu nehmen. Diese Möglichkeit wurde Mitte der 1990er Jahre Grundlage eines engen interdisziplinären Diskurses zwischen dem damaligen Umweltamt des Landschaftsverbandes, dem Seminar für Historische Geographie an der Universität Bonn und den Denkmalämtern des LVR. Diesen intensiven Austausch zu Fragen der Erfassung, der Bewertung und des Schutzes historischer Kulturlandschaften verarbeitete Elke Janßen-Schnabel in zahlreichen Veröffentlichungen, Arbeitsgruppen und Tagungen. Die Auseinandersetzung mit dem Siebengebirge als historischer Kulturlandschaft spielte dabei eine besondere Rolle. Ein weiterer kulturlandschaftlicher Schwerpunkt ihrer Arbeit waren historisch geprägte Flusslandschaftsbereiche, deren Bestand vielerorts durch die auf eine Renaturierung von Gewässern abzielenden Vorgaben der 2000 in Kraft getretenen Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft in Frage gestellt wird. Die Rur mit ihren zahlreichen Mühlen- und frühindustriellen Anlagen stellte einen exemplarischen Schwerpunkt ihrer Beschäftigung mit diesem Thema dar. Die Auseinandersetzung mit historischen Kulturlandschaften zeigt zudem eine weitere Qualität, die Elke Janßen-Schnabels Arbeitsweise in vielen Bereichen prägte: Interdisziplinarität. Als ein Ergebnis des engen Austausches zwischen Umweltamt, Denkmalämtern und historischen Geographen entstand der Gedanke eines digitalen Kulturlandschaftskatasters, was schließlich zur Entwicklung der interdisziplinären Portals des LVR, KuLaDig, (Kultur.Landschaft.Digital) führte, das seit 2010 im Internet zur Verfügung steht. Als eine der Mitinitiatorinnen dieser Plattform engagierte sich Elke Janßen-Schnabel viele Jahre für die Mitwirkung des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland bei dieser Datenbank. Aber auch ihre alltägliche Arbeit richtete sie oft interdisziplinär aus: So bezog sie bei der Begutachtung von Denkmalbereichen gerne auch das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege mit ein und erprobte selbst Arbeitsweisen der historischen Geographie. Vor allem die Analyse historischer Orts- und Landschaftsstrukturen mithilfe zahlreicher Karten entwickelte sich zu einem geschätzten Markenzeichen ihres Arbeitens. Die lange Zeit ihres Wirkens brachte es mit sich, dass dabei die charakteristischen, sehr zart differenzierend von Hand kolorierten Karten zunehmend von den Möglichkeiten digitalen Kartographierens abgelöst wurden.Andere Zeugnisse ihrer Freude am graphischen Gestalten – die, wie man hört, im Ruhestand nun noch mehr zur Geltung kommt – konnte man in ihrem Büro besichtigen - einer jener Wunderkammern, in denen sich staunenswerte Materialien eines langen Arbeitslebens gesammelt hatten: ein Arbeitsplatz mit vielen historischen Schichten, wie er heute kaum noch im Amt anzutreffen ist. So hingen dort z. B. auch Zeichnungen von Details baufester Ausstattung der Drachenburg in Königswinter. Sie erinnerten daran, dass Elke Janßen-Schnabel zu Beginn ihrer Zeit im Rheinischen Amt für Denkmalpflege auch einen Bereich zu koordinieren hatte, der damals noch zur Abteilung Inventarisation gehörte: die zeichnerische Bauaufnahme. Die roten Fäden "Vermittlung" und "Kommunikation" reichten selbstverständlich auch in den Kollegenkreis hinein. Geschätzt war ihr Architektenblick, insbesondere auf die Architektur der Nachkriegsmoderne. Zusammen mit Angelika Schyma, die die Beschäftigung mit dieser Architekturepoche zu einem Arbeitsschwerpunkt der Abteilung Inventarisation entwickelte, war Elke Janßen-Schnabel eine Vorreiterin bei der Vermittlung dieser Architektur auch innerhalb der Abteilung. Dabei konnte sie, die an der RWTH Aachen im Umfeld bedeutender Architekten der Nachkriegsmoderne wie Gottfried Böhm oder Fritz Eller studiert hatte, eine in der kunsthistorisch geprägten Kollegenschaft ungewohnte, architektonisch-entwerferische Perspektive auf diese Architektur vermitteln und so einen wichtigen Aspekt zu ihrem Verständnis beisteuern. Ihre Bürotür stand Kolleg*innen wie auch Neuankömmlingen immer offen. Letztere begrüßte sie ausnahmslos mit dem Angebot, sie auf eine Dienstfahrt mitzunehmen, auf welcher man dann zuverlässig in das Thema Denkmalbereiche und in die Kunst, Ortsgrundrisse zu lesen oder denkmalfachlich relevante Beziehungen und Sichtachsen aufzuspüren, eingeführt wurde.Schließlich war sie auch außerhalb des Amtes didaktisch tätig, 2003–2014 als Dozentin für den Regierungsbaureferendar-Lehrgang in Königswinter zu dem Thema "Aspekte der Denkmalpflege im Städtebau" und ab dem Wintersemester 2014 mit einer Vorlesung zum Thema "Denkmalrecht und kommunale Satzung" an der Architekturfakultät der Technischen Hochschule Köln.Mit Elke Janßen-Schnabel hat nicht nur eine freundliche, hilfsbereite und überaus fachkompetente Kollegin das LVR-ADR verlassen, sondern auch die letzte Zeitzeugin einer bewegten Umbruchszeit der rheinischen Denkmalpflege infolge der Verabschiedung des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes (1980). Autor: Oliver Meys
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